
Autor: Markus Frutig | Geschäftsführer Inoveris // Daniel Läubli I Geschäftsführer KLINGER GYSI AG
«Viel effizienter geht es nicht!»
Auf der «PUMPS & VALVES», der führenden Schweizer Fachmesse für industrielle Pumpen, Armaturen und Prozesse, erleben die Besucherinnen und Besucher von 25. bis 26. Oktober 2023 in Zürich innovative Produkte und Lösungen rund um neue Armaturen, Ventile und Materialien sowie dazugehörige Dienstleistungen. Seit über 130 Jahren ist Klinger einer der weltweit führenden Hersteller und Anbieter von industriellen Dichtungen sowie Flüssigkeitsregelungs- und Flüssigkeitsüberwachungssystemen. Die KLINGER Gysi AG ist langjähriger Aussteller und für die Schweiz in den Bereichen Armaturen, Dichtungen, PTFE-Formteilen und Schulungen ein gefragter Ansprechpartner. Im Trendinterview sprechen wir mit Daniel Läubli, Geschäftsführer der Klinger Gysi AG, über neueste Trends und fast schon revolutionäre Produktentwicklungen im Bereich Dichtungs- und Armaturentechnik.
Thema Fernwärme (Erzeugung und Verteilung)
Herr, Läubli, welche Anforderungen werden in der Fernwärmeverteilung an die erdverlegten Armaturen gestellt?
Daniel Läubli: Auf erdverlegte Armaturen wirken nicht nur Druck, Temperatur sowie das Medium selbst ein, sondern zusätzlich Zug-, Druck- und Biegekräfte, die vor allem aus dem Tiefbau kommen. Deshalb gibt es auch die Norm EN 488:2019, die diese anspruchsvollen Prüfvorschriften vorgibt. Die Armaturen müssen also sehr robust und qualitativ hochwertig sein, damit sie über Jahrzehnte nicht blockieren oder undicht werden. Man muss sich vorstellen: Solche Fernwärmearmaturen im
erdverlegten Bereich liegen 30 bis 50 Jahre lang in der Erde und sollten nie revidiert oder sogar ausgetauscht werden müssen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Armatur ein massives Gehäuse aufweist, beispielsweise aus Stahlguss. Hinzu kommen sehr hochwertige Dichtelemente und eine verchromte, äusserst harte Kugeloberfläche. Dadurch werden die Reibung und der «Stick-Slip»-Effekt zwischen Dichtelementen (Anm. d. Redaktion: Stick-Slip- bzw. Haftgleiteffekt bezeichnet das Ruckgleiten von gegeneinander bewegten Festkörpern) und Kugel massiv reduziert, was bezüglich einer maximal möglichen Lebensdauer sehr bedeutend ist. Bei unseren Armaturen schauen wir zusätzlich darauf, dass die Schweissnähte an der richtigen Stelle platziert sind – also keinesfalls dort, wo die Zug-, Druck- und Biegemomente wirken, damit sie nicht belastet werden. Denn dort, wo die Schweissnähte sind, ist immer die schwächste Stelle. Mein Professor für Werkstoffkunde hat uns damals eingetrichtert: «Schweissnähte sind Scheissnähte!» Deshalb haben wir das bei unseren Kugelhähnen von Anfang an konstruktiv optimal gelöst.
Von welchen Temperaturen sprechen wir bei Fernwärmeleitungen konkret?
In den grossen Stadtwerken haben wir oft noch Hochtemperaturnetze von 150 bis 180 Grad Celsius. Da geht sozusagen richtig was ab! Dazu haben wir einen entsprechend hohen Druck zwischen 20 und 30 bar. Und wie gesagt müssen die Armaturen viele Jahrzehnte im Erdreich halten. Das sind äusserst anspruchsvolle Herausforderungen an Material und Verlegungsqualität.
Wie unterstützt der aktuelle Ausbau von Fernwärmenetzen den Trend zu Dekarbonisierung, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit bzw. Ressourcenschonung?
Diese Trends haben per se zwar nichts mit unseren Armaturen direkt zu tun, aber die Kehrichtverbrennungsanlagen oder die Industrieabwärme beispielsweise sind für die günstige und lukrative Abwärmenutzung wertvoll. In der Industrie gibt es eine neue Technologie im Bereich der Wärmepumpen, bei der die Abwärme (Wärmequelle) ab ca. 35 Grad Celsius genutzt werden kann, um Heisswasser ressourcenschonend und energieeffizient von bis zu 120 Grad Celsius (Wärmesenke) zu produzieren. Diese neue Technologie zur Dekarbonisierung läuft bereits seit gut drei Jahren sehr stabil. Im Fernwärmenetz kann man dann diese Energieerzeugung optimal nutzen. Wir verbreiten diese Technologie als eine sehr gute Möglichkeit, nachhaltige und effiziente Wärme zu produzieren sowie Kosten und den CO2-Ausstoss merklich zu reduzieren. Aus unserer Sicht ist es wichtig, wann immer möglich weg von Öl und Gas zu kommen und auf eine Zentralisierung, also eine Bündelung von etlichen Häusern, Quartieren, Dörfern oder sogar Städten, der Wärmeversorgung hinzuarbeiten. Denn es ergibt aus meiner Sicht absolut keinen Sinn, wenn jedes Haus seine eigene Heizung hat. Wenn alle zusammenspannen, profitieren letztendlich alle, auch die Umwelt!
Thema Dampf (Prozesswärme)
Wie wird der Trend des «Desteaming» die Zukunft der Dampferzeugung und ‑Nutzung in der Schweiz verändern?
Desteaming bedeutet eine Abkehr von Dampfsystemen bzw. Dampf nur noch dort einzusetzen, wo es wirklich nötig ist, sodass man viel Energie einsparen kann; denn die Dampferzeugung ist sehr energieintensiv. Das heisst, der Trend geht mehr in Richtung Heisswasser, und dort, wo man Dampf braucht, werden in Zukunft kleinere Elektroboiler eingesetzt.
Thema Trinkwasser (Pumpstationen, Reservoir) und Wasserkraft
Welche besonderen Neuerungen gibt es in Bezug auf Armaturen und Dichtungen für Trinkwasserpumpstationen und Reservoirs?
Bei Pumpstationen und Reservoirs im Trinkwasserbereich gibt es eine doppelexzentrische Klappe, die extrem geringe Druckverluste erzeugt. Das heisst, die Klappenscheibe ist so geformt, dass das Wasser möglichst geräuschlos und druckverlustfrei durchströmen kann. Das ist ein sehr ausgeklügeltes System, was mit verschiedenen Simulationen und Tests bereits nachgewiesen wurde, und es ist auch schon sehr erfolgreich im Einsatz. Wir brauchen letztendlich weniger Pumpenstrom, was natürlich sehr erfreulich ist und wodurch über die ganze Betriebsdauer äusserst viel Energie eingespart oder zusätzlich genutzt werden kann. Das ist auch im Wasserkraftbereich vor der Turbine sehr wichtig, weil dort fast kein Druckverlust auftreten darf, um möglichst viel Strom zu erzeugen. Im Bereich der Flachdichtungen haben wir ein neues Plattenmaterial für Trinkwasser hergestellt, das KLINGERSIL C-4240. Wir sind weltweit die Einzigen, die bereits jetzt ein Dichtungsmaterial nach der neuen Elastomer-Leitlinie herstellen können. Es ist uns gelungen, alle Vorschriften der EU zu erfüllen, das heisst, dieses Material hat keinen Einfluss auf das biologische Wachstum und ist geruchs- sowie geschmacksneutral. Dadurch wird das Trinkwasser in keiner Art und Weise beeinträchtigt.
Thema Dichtungen für alle Branchen
Welche Entwicklungen sehen Sie bei neuen Dichtungslösungen, um den Anforderungen einer versorgungs- und zukunftssicheren Schweizer Industriebranche gerecht zu werden?
Es gibt einen neuen «Tausendsassa», nämlich die «EGRAFLEX-Steelflon WLP», die fast überall einsetzbar ist und auch über eine FDA-Zulassung verfügt. Zum Beispiel im Lebensmittelbereich oder auch in der Chemie- und Pharmabranche kann damit eine teure PTFE-Dichtung ersetzt werden. Für den Dampfbereich ist sie ebenfalls bestens geeignet. Bei Revisionen können die Flanschschrauben einfach gelöst werden, ohne dass Materialreste zurückbleiben, die man bei anderen Dichtungen abkratzen muss. Das spart sehr viel Zeit und Ärger bei der Demontage. Durch die Wellenform ist diese Dichtung bereits bei geringer Flächenpressung dicht. Die Vorverpressung sorgt zudem für eine viel bessere Dichtheit. Je nachdem können etwa drei Dichtungstypen durch die «EGRAFLEX Steelflon WLP» ersetzt werden, was eine Verwechslung ausschliesst und die Lagerhaltung bzw. Bewirtschaftung stark vereinfacht. Dies alles reduziert deutlich Kosten sowie Personalressourcen und schont zusätzlich die Umwelt.
Thema Schulungen (Dampfphänomene, Montagetechnik, Fernwärme)
Wie integrieren Sie aktuelle Trends wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz in Ihre Schulungen?
Anlässlich unserer Montageschulungen zeigen wir, wie auf Anhieb eine Flanschverbindung nach EN 1591-4 langfristig technisch dicht realisiert werden kann. Durch die optimale Dichtheit können Medium-Verluste fast vollkommen ausgeschlossen werden, was wiederum dem Umweltschutz zugutekommt. Im Dampflabor haben wir etliche Fehler eingebaut, die zum Beispiel zu dynamischen oder thermischen Druckschlägen führen können. Auf der anderen Seite zeigen wir auch gleich die Lösung auf, um diese Schläge verhindern zu können, Material und Umwelt zu schonen, aber auch den Anlagenbetreiber vor Unfällen zu schützen.
Welche Initiativen oder Technologien schätzen Sie als am vielversprechendsten ein, um die Industrieziele in Bezug auf Energieeffizienz, Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit/CO2-Reduktion zu erreichen?
Unter dem Stichwort «Circular Thermal» implementieren wir Hochtemperatur-Wärmepumpen. Dadurch kann plötzlich kosteneffizient wertvolle Abwärme von 35 bis 40 Grad Celsius (Wärmequelle) genutzt werden, und dies bei Temperaturen von bis zu 120 Grad Celsius auf der anderen Seite (Wärmesenke). Bevor eine Hochtemperatur-Wärmepumpe installiert wird, wird das Gesamtsystem optimiert und wenn möglich reduziert, sodass der Betreiber und die Umwelt maximal von dieser Technologie profitieren können.
Worauf legt Ihr Unternehmensauftritt auf der «PUMPS & VALVES» am 25. und 26. Oktober in Zürich den Fokus?
Wir sind sehr breit aufgestellt, und das wollen wir auch zeigen. Unser USP ist summa summarum, dass wir für jede Anwendung die richtige Armatur und die richtige Dichtung sowie die passende Schulung anbieten, etwa zu der Frage, wie man diese beiden Dinge, also Armatur und Dichtung, zusammenbringt. Das bedeutet eine sichere, dauerhaft technisch dichte Flanschverbindung.
Dazu übernehmen wir auch die komplette Inbetriebnahme, sodass wir unseren Kunden wirklich ein «Rundum-Sorglos-Paket» anbieten können. Auf der «PUMPS & VALVES», der «flow» bzw. dem Messequartett zeigen wir dem Fachpublikum diese ganze Breite mit vielen neuen Produkten, die unseren Kunden sofort einen grossen Nutzen bringen.
Welche besonderen Neuheiten präsentieren Sie?
Im Dampfbereich zeigen wir an der «PUMPS & VALVES» als besonderes Highlight eine ganz neue Armatur, die zehn (!) Armaturen integriert hat. Das heisst: mit der identischen Baulänge wie bisherige Einzelarmaturen, die jeweils 15 Zentimeter Länge haben. Statt also Armaturen mit insgesamt über 150 Zentimetern Länge verbauen zu müssen, können Planer bei besonders engen Anlagen das Ganze jetzt lediglich auf 15 Zentimetern Gesamtbaulänge realisieren!
Ausserdem stellen wir auch auf der neuen «flow» mit einem separaten Stand unsere fertig isolierten (!) erdverlegbaren Fernwärme-Armaturen aus. Dazu promoten wir unsere neue Lagerhaltung für diese erdverlegten Fernwärme-Armaturen. Das gibt es sonst nirgends in der Schweiz, und die Lieferzeiten liegen normalerweise zwischen acht und 20 Wochen – bei uns kann man alle heute bestellen und bekommt sie bereits morgen geliefert! Das ist sicherlich ein Novum und für Rohrleitungsbauer und Endkunden hoch interessant, wenn die Zeit mal knapp ist.
Was bedeutet für Sie die Synergie mit der «AQUA Suisse» und der neuen Fachmesse «flow» für Fernwärme, Wasserstoff und Gas, aber auch mit der «maintenance Schweiz»?
Unsere Kunden sowie deren Endkunden haben sicherlich an allen vier Messen grosses Interesse. Das ist quasi ein «gefundenes Fressen»! Denn die «AQUA Suisse», die «PUMPS & VALVES», die «flow» und die «maintenance Schweiz» sind gute und wichtige Messen, an denen die neuesten Trends angesprochen und gezeigt werden. Da muss man einfach hingehen! Und wenn man hingeht, sind es natürlich mehr Leute, die sich vernetzen und austauschen. Das ist für alle und auch für uns Aussteller sehr wertvoll, denn wenn Besucherinnen und Besucher von einer Nachbarmesse nur aus Neugier zu uns kommen, ist man schon im Gespräch. Und das ist für alle interessant!
Warum muss man aus Ihrer Sicht als Pumpen- und Armaturenspezialist unbedingt zum «Messequartett» nach Zürich kommen?
Das Messequartett 2023 ist hoch konzentriert, um an einem Platz an alle wichtigen Infos zu kommen, Lieferanten zu treffen und Networking zu betreiben. Viel effizienter geht es aus meiner Sicht nicht!
Besuchen Sie die Firma KLINGER GYSI AG am Stand J28 in der Halle 4. Gerne können Sie sich für einen kostenlosen Eintritt zur PUMPS & VALVES Zürich 2023 auf der Webseite mit dem Code 216 registrieren.


